Shakespeare im Schuppen

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Die Shakespeare Company Berlin versieht die Titel ihrer Stücke generell mit einem Ausrufungszeichen, dabei hätten weder die Vorlagen, noch die Inszenierungen oder das Ensemble diese zusätzliche Aufmerksamkeit nötig. Und auch nicht der Spielort, nämlich das Schöneberger Südgelände, bei schönem Wetter auf der Freilichtbühne, bei Regen im Lokschuppen, dessen Bezeichnung etwas irreführend ist, handelt es sich dabei doch um eine riesige Halle der ehemaligen Reichsbahn, in deren einer Ecke die Bühne aufgebaut ist.
Leider musste auch bei meinem Besuch vom „Sturm!“ die Aufführung nach drinnen verlegt werden. Während der Regen auf das Dach trommelt und ab und zu draußen die Bahnen vorbei rauschen, erleben die Zuschauer ein Volkstheater im besten shakespeare’schen Sinne. Sechs Schauspieler schlüpfen in verschiedene Rollen, einzig die Darsteller vom Zauberer Prospero, dem gestürzten Herzog von Mailand, dem nur die Herrschaft über eine kleine Insel geblieben ist, und vom Luftgeist Ariel, den es zur Freiheit drängt, aber von Prospero festgehalten wird, bleiben als Hauptpersonen den Abend über in ihren Kostümen. Das Bühnenbild ist schlicht gehalten, auf großen technischen Firlefanz wird verzichtet, dafür auf die Kostüme umso mehr Wert gelegt. Das Publikum wird eingebunden, es erklingt schon einmal mit einem Augenzwinkern ein etwas schmalziges Liebeslied oder ein Mitklatsch-Song. Das Spätwerk Shakespeares über Rache und Vergebung spielt mit der Einbildungskraft: Was ist real, was ist Illusion, was ist Wahnsinn und wer spielt eigentlich mit wem? Prospero vergibt am Enden seinen Feinden, die er doch so hasste, aber nicht aus Einsicht.
Die Company wechselt regelmäßig ihre Stücke, im Repertoire befinden sich außerdem noch „Wie es euch gefällt!“, „Macbeth!“, „Ein Sommernachtstraum!“,  Romeo & Julia!“, „Richard III!“, „Ende gut alles gut!“ und „Die Zähmung der Widerspenstigen!“.
Bereits seit 2011 hat die Shakespeare Company ihr festes Domizil auf dem Südgelände, kann bislang jedoch aufgrund der Witterung bislang nur im Sommer spielen. Es gibt aber Pläne für ein beheiztes Zelt im Lokschuppen, in dem dann ab November „Ein Wintermärchen!“ aufgeführt werden soll. Dafür wird gerade Geld über Startnext gesammelt, es fehlen noch rund dreitausend Euro. Wer also über die Crowdfunding-Plattform dieses tolle Projekt unterstützen will (schon mit fünf Euro ist man dabei), sollte dies unbedingt tun. Und natürlich auch bis zum 13. September die Gelegenheit nutzen, eine Vorstellung auf dem Südgelände am S-Bahnhof Priesterweg zu besuchen.

2 thoughts on “Shakespeare im Schuppen

  1. Danke für den guten Artikel! Ich war schon zweimal bei der Shakespeare Company und fand sie wunderbar: Tolle Schaupieler und lebendige, phantasievolle Inszenierungen mit einfachen Mitteln.

  2. Hallo, ich fand ihn auch interessant. Ich recherchiere gerade zu dem Thema und bin zufällig auf deinen Blog gestoßen. Mittlerweile ist das Geld ja glücklicherweise zusammengekommen und das "Wintermärchen" steht! 🙂
    Viele Grüße

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